Heute Morgen begann unser Tag wirklich sehr früh, denn bereits um 3:55 Uhr standen wir auf der Matte. Dass wir mittlerweile richtig gut als Team funktionieren haben wir daran gemerkt, dass wir auf Grund der Uhrzeit kein Wort miteinander gewechselt hatten, jeder Handgriff aber dennoch perfekt saß. Jede:r wusste, was zu tun ist und innerhalb von einer halben Stunde war das ganze Camp abgebaut. Die Route wurde bereits am Vorabend geklärt und 4:30 Uhr konnten wir dann abfahren.
Nach einem kurzen Funkcheck stand zunächst einmal eine sehr kurze Etappe bis zu einem Rastplatz an, wo wir dann die Vignette kaufen wollten. Dort angekommen mussten wir zu unserem Bedauern feststellen, dass der Rastplatz erst um 6 Uhr aufmacht. Für uns bedeutete das also, dass wir in der Dunkelheit und der Kälte knapp eine Stunde überbrücken mussten. Ein bisschen irritiert hatte uns auch, dass nirgends ein Schild hing, was auf die Möglichkeit, eine Vignette kaufen zu können, hinwies. Aus diesem Grund sind Lennart und Johannes noch einmal ein paar Kilometer zurückgefahren, wo auch noch eine Tankstelle war, die definitiv Vignetten verkaufte. Auch dort mussten die beiden feststellen, dass die Tankstelle erst um 7:30 Uhr öffnet, weshalb sie dann doch wieder zum Rest zurückgefahren sind. Währenddessen wurde – natürlich auf dem Parkplatz – der Kaffee im Wohnmobil gekocht, um noch ein bisschen wacher zu werden und sich gleichzeitig aufzuwärmen.
Pünktlich um 6 Uhr gingen die Türen auf dem Rastplatzhäuschen auf und mit ihnen machten wir uns auf den Weg in das Gebäude. Entgegen unserer Hoffnung teilte man uns freundlich aber noch recht verschlafen mit, dass wir hier keine Vignette erhalten würden und wir noch ein Stück weiterfahren müssten. Auch an unserer zweiten Anlaufstelle, gab es keine Möglichkeit, weshalb wir schließlich zur Post fahren mussten.
Bei der Post angekommen, sind wir leider wieder auf verschlossene Türen gestoßen, denn diese Filiale öffnet erst um 8 Uhr. Bedeutet also, dass wir wieder eine weitere Stunde mit Warten verbringen müssen. Um 7:30 Uhr war die Poststelle zwar schon besetzt aber auf unsere Frage, ob wir hier eine Vignette kaufen können, kam nur ein „Ja, um 8!“. Hilft ja nichts, wir müssen warten.
Nachdem wir für die letzten 20 km inkl. Pausen vier Stunden gebraucht hatten, konnten wir nun endlich die lila Vignette in den Händen halten und in den Landy kleben! Für die Begleitfahrzeuge brauchten wir keine, denn diese sind auf 4,25 t zugelassen und wurden deshalb zuvor online als Schwerlastfahrzeuge registriert, für die wir eine Schwerlastmaut entrichten mussten. Nur wenige Minuten später ging es auch schon los und wir konnten durch den 16 km langen Gotthard-Tunnel fahren. Wir haben wirklich gehofft, dass keines der Fahrzeuge irgendwelche Faxen macht, denn der Tunnel war in jede Fahrtrichtung Einspurig, weshalb es für uns keine Ausweichmöglichkeit gegeben hätte. Für die Fahrzeuge war es außerdem sehr gut, dass wir aus der italienischen Richtung kamen, denn durch den Tunnel ging es konstant leicht bergab, weshalb wir immer wieder rekuperieren konnten, wodurch die Batterie der Fahrzeuge im Prinzip dauerhaft leicht nachgeladen wurde.
Weiter ging es an Wädenswil vorbei Richtung Zürich, denn dort gab es eine Lademöglichkeit, an der alle Fahrzeuge parallel geladen werden konnten. Hätten wir die Fahrzeuge nacheinander Laden müssen, hätten wir nur für den Ladestopp ca. 3 Stunden gebraucht. Nach dem Ladestopp ging es dann zurück Richtung Wädenswil, wo die Hochschule eine ihrer Außenstellen hat.
Unser Ziel, die Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), war nur noch 1,2 km entfernt als unser Landy nicht mehr das machte, was er sollte. In der drittletzten Kurve vor dem eigentlichen Ziel, hat sich das Hochvoltsystem des Fahrzeugs abgeschaltet. Auch der mehrfache Versuch, das Fahrzeug neu zu starten, erwies sich als wenig erfolgreich. Schnell war klar, dass wir die Leitkegel aus dem Supportfahrzeug holen müssen, um einen Teil der Straße abzusperren. Glücklicherweise konnten wir noch in eine Seitenstraße rollen und mussten uns nicht auf der Hauptstraße auf Fehlersuche begeben.
Als erstes musste herausgefunden werden, warum das Hochvoltsystem überhaupt ausgestiegen war. Aus diesem Grund haben wir unseren Software-Laptop an den CAN-Bus angeschlossen, um aus der Software herauslesen zu können, woher der Fehler kommt. Hier sollten wir fündig werden, denn der CAN-Bus ist für die Kommunikation der einzelnen Geräte im Fahrzeug zuständig, weshalb auch hier die Fehlermeldungen auftauchen sollten. Aus Software konnte herausgelesen werden, dass sich das System beim sogenannten Precharge aufgehängt hat, was uns einen ersten Hinweis auf die Fehlerquelle lieferte. Eine spontane Umprogrammierung bzgl. der Messwertabfrage sollte die Lösung sein. Eigentlich wären wir jetzt wieder fahrbereit gewesen, aber wir hatten auch noch festgestellt, dass der Gleichstromrichter die Batterie für das 12V-System nicht nachgeladen hatte. So konnten wir auf keinen Fall weiterfahren, denn bei einem Spannungsabfall würden zunächst einmal die Steuergeräte, dann das Licht und schließlich auch das Hochvoltsystem nacheinander austeigen. Erneut mussten wir uns auf Fehlersuche begeben. Der Laptop wurde wieder angeschlossen, wobei dieses Mal keine Fehlermeldungen zu erkennen waren. Die Ursache musste also woanders liegen. Bei der Überprüfung der Sicherungen sind wir schließlich fündig geworden, denn eine der Sicherungen war durchgebrannt. Ein Austausch vor Ort war jedoch nicht möglich, weshalb wir die Sicherung erst einmal überbrückt haben. Trotz Überbrückung bestand der Fehler weiterhin, weshalb die Ursache irgendwo intern im System liegen musste. Nachdem wir auch den Hochvoltstecker vom System abgesteckt hatten, konnte schon am Geruch erkannt werden, dass hier der eigentliche Fehler liegen musste, denn dieser war ebenfalls durchgebrannt. Der durchgebrannte Steckerkontakt ist vermutlich auf einen Kurzschluss zurückzuführen.
Nun hatten wir zwar herausgefunden, weshalb der Landy nicht mehr anspringt aber weiterfahren konnten wir so immer noch nicht. Für die letzten 1,2 km musste also eine provisorische Lösung her. Der Gleichstromrichter wurde aus dem System genommen und die kleine Batterie, die für das 12V System zuständig ist, wurde noch einmal extern über ein Labornetzteil nachgeladen, sodass unser Hochvoltsystem zumindest für die restlichen Meter nicht aussteigen kann. Nach Deutschland kommen wir so allerdings nicht, weshalb wir hier nach Ankunft an unserem Zielort noch einmal einen genaueren Plan schmieden müssen.
Nach 1,2 km wurden wir von Daniela und Katja in Empfang genommen. Daniela hatten wir auf einem Campingplatz in Litauen kennengelernt, uns ausgetauscht und bereits vor einigen Wochen abgemacht, dass wir bei ihr an der Hochschule vorbeikommen würden, sofern der Campus auf unserer Route liegt. So ist es nun auch gekommen und wir haben uns gefreut, ein bekanntes Gesicht zu sehen. Auf dem Gelände angekommen hatten uns die beiden erst einmal zum Kompostierplatz begleitet, auf dem wir unsere Fahrzeuge parken konnten. Anschließend ging es weiter durch die Obstplantagen der alten Obstschule und durch kleine Gemüsebeete, in denen sowohl Mitarbeitende als auch Studierende beim kollektiven Gärtnern ihre eigenen Nutzpflanzen anbauen können. Am Waldrand hatten wir dann die Möglichkeit unsere Zelte und das Camp aufzubauen, denn hier werden wir die nächsten zwei Tage nächtigen. Im Anschluss haben wir noch eine kleine Führung über den Campus und die Gebäude bekommen und es uns danach unter einem Baum mit einem Kaffee gemütlich gemacht. An diesem Ort haben wir dann auch schon mit unserem ersten Austausch bezüglich Nachhaltigkeit gestartet.
Gegen späten Nachmittag haben sich Jannis und Johannes noch einmal zu Fuß auf den Weg Richtung Dorf gemacht, um bei einer Werkstatt eine gebrauchte Autobatterie zu kaufen. Diese hat mehr Kapazität als unsere vorherige und wird nun bei jedem Stopp extern im Stand nachgeladen. Die Ersatzbatterie wird benötigt, um unser 12V-System während der Fahrt mit ausreichend Energie zu versorgen. Mit dieser Lösung sollten wir dann auch die letzte Strecke zurück nach Deutschland schaffen. Auch bei der Wahl der Ersatzbatterie haben wir den Fokus auf die Nachhaltigkeit gelegt und uns für eine gebrauchte Batterie aus einem alten Feuerwehrfahrzeug entschieden. Die Batterie ist noch in einem absolut guten Zustand, muss jedoch bei einem Einsatzfahrzeug verpflichtend alle vier Jahre ausgetauscht werden. Für uns war das natürlich optimal.
Mit der Batterie im (Hand-)Gepäck haben sich die beiden dann auch schon direkt an die Arbeit gemacht und alle nötigen Vorkehrungen getroffen, um die aktuell verbaute Batterie auszutauschen. Währenddessen wurde mit der Zubereitung des Abendessens begonnen. Ein sehr erlebnisreicher Tag geht zu Ende. Voller Vorfreude auf den letzten Workshop am morgigen Tag haben wir uns früh schlafen gelegt, um energiegeladen in den Tag starten zu können.